Der unbedingte Wille zu Frieden, Freiheit und Menschenwürde

Helmut Kohl

Der unbedingte Wille zu Frieden, Freiheit und Menschenwürde

Erklärung des Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl zum 20. Juli 1986

Wir Deutschen haben die Pflicht, immer wieder des 20. Juli 1944 zu gedenken, an dem deutsche Patrioten ihr Leben geopfert haben, um mitten im Krieg den Frieden und in der Diktatur die Freiheit zu gewinnen. Das erfolglose Attentat auf den Diktator Hitler war ein Höhepunkt des Widerstandes gegen die totalitäre Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus.

Der Widerstand gegen Rechtlosigkeit, Gewalt und Krieg schöpfte seine Kraft aus dem unbedingten Willen zu Frieden, Freiheit und Menschenwürde.

Die Frauen und Männer des deutschen Widerstandes haben in deutschem Namen für ihre Landsleute gehandelt. Sie setzen damit nicht nur ein unübersehbares Zeichen für das Fortleben des Freiheits- und Friedenswillens der Deutschen in der dunkelsten Zeit unserer Geschichte. Sie schufen damit auch die Grundlage für unsere politische Kultur.

Das Vermächtnis des 20. Juli 1944 für uns ist die Absage an Extremismus, Irrationalismus, Dogmatismus und Gewalt. Es verpflichtet uns auf die freiheitlichen Rechte des Bürgers, auf Respekt vor der Menschenwürde und Toleranz gegenüber Andersdenkenden.

Die Bürger der Bundesrepublik Deutschland genießen heute die Freiheit, die mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden ist, so dass ihre Gefährdungen von außen und von innen kaum noch wahrgenommen werden.

Nur so wird es verständlich, dass von einigen ein Widerstandsrecht gegen unseren Rechtsstaat in Anspruch genommen wird, welches die Rechte des Bürgers missbraucht, um unsere freiheitliche Verfassung und Rechtsordnung zu bekämpfen. Sie verunglimpfen damit gleichzeitig die Männer und Frauen des 20. Juli.

Claus Graf Stauffenberg, Ludwig Beck, Carl Goerdeler, Wilhelm Leuschner, die Geschwister Scholl, Dietrich Bonhoeffer und ihre Freunde im deutschen Widerstand bleiben Leitbilder unserer Zeit. Sie sind Zeugen unseres Freiheitswillens und ihnen gebührt unser Dank.