Die Tat war schwierig

Johann Adolf Graf Kielmansegg

Die Tat war schwierig

Ansprache von Brigadegeneral Johann Adolf Graf Kielmansegg am 20. Juli 1960 im Ehrenhof des Bendlerblocks in der Stauffenbergstraße, Berlin

„Wir drei Offiziere stehen hier namens und im Auftrag des Bundesministers für Verteidigung, namens und im Auftrag der Soldaten, die im freien Teil Deutschlands in der Bundeswehr zum Schutz der Freiheit dienen, der Freiheit, die wieder zu erringen der Sinn der Tat des 20. Juli war, die zusammen mit dem 17. Juni das einzige wirklich sinnbildliche politische Ereignis unserer neueren Geschichte ist.

Wir gedenken aller, die damals fielen. Wir bekennen uns zu ihnen. Wir verneigen uns in Ehrfurcht vor ihnen. Aber ist das genug?

Als mich Stauffenberg zum letzten Mal besuchte – es war im Mai 1944 – die Invasion im Westen und die sowjetische Offensive im Osten, die zusammen dann später unsere Fronten zerbrachen, zeichneten sich ab – da sprachen wir unter vier Augen über Lage, Möglichkeiten und Notwendigkeiten. Als er ging, sagte ich zu ihm: „Wenn das, was ihr tun wollt, noch einen Sinn haben soll, dann muss es bald geschehen.” Stauffenberg, der schon in der Tür stand, antwortete mir: „Du kannst Dich darauf verlassen!”

Es waren die letzten Worte, die ich von ihm gehört habe. Um dieser Antwort willen spreche ich hier von diesem ganz persönlichen Erlebnis. Er und viele andere haben die Tat getan, die zu tun notwendig war, notwendig in des Wortes eigenster Bedeutung. Auf sie war Verlass. Die Tat war schwierig, sie ist heute noch und in Zukunft wesentlich für uns alle. Wesentlicher aber noch waren ihre Motive, und entscheidend war und bleibt die innere Haltung, aus der heraus die Motive so brennend, so zwingend wurden, dass die Tat geschah. Was aber die Kennzeichen dieser Haltung waren, das haben diejenigen, die heute morgen in der Dahlemer Dorfkirche waren, von Bischof Dibelius gehört:

Die Forderung des Gewissens

Die Bereitschaft zum Opfer

Die Festigkeit des Herzens.

Die Antwort von Stauffenberg, von der ich sprach, lässt mich nun die Frage stellen: Können die Männer des 20. Juli sich auf uns und unsere Haltung verlassen? Das ist die Frage und die Forderung, die ich im Raum stehen lassen und die ich weitergeben möchte an die Jungen unter uns. Sie zu beantworten sind wir alle aufgerufen, jeder Einzelne für sich, an seiner Stelle, Tag für Tag!

Ministerpräsident Steltzer hat eben einen unserer damaligen Kriegsgegner, Churchill, zitiert. Ich möchte dies Zitat ergänzen. Churchill fuhr damals, 1946, als er übersah, was der deutsche Widerstand wirklich gewesen war und bedeutet hatte, fort: „Diese Männer kämpfen ohne Hilfe von außen und innen, einzig getrieben von der Unruhe ihres Gewissens. Ihre Taten und Opfer sind das Fundament eines neuen Aufbaus.“ Diese Worte und unsere Verpflichtung zu bekräftigen, lege ich den Kranz der Bundeswehr an der Tafel nieder, welche die Namen der fünf Soldaten trägt, die am 20. Juli 1944 hier an dieser Stelle für Deutschland fielen.



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20.07.1960
Dr. Theodor Steltzer
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