Ihr Vorbild: Recht und Gerechtigkeit

Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Dr. Konrad Adenauer

Ihr Vorbild: Recht und Gerechtigkeit

Gedenkrede von Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer am 21.07.1954 im Stadttheater Bonn-Bad Godesberg

Ich glaube, wir alle, die wir heute hier versammelt sind, sind tief gerührt durch die Ausführungen des Herrn Bundestagsabgeordneten Dr. Gerstenmaier. Er hat den Vorgängen, die damals gespielt haben, den Vorgängen, die dem 20. Juli des Jahres 1944 vorangingen und nachfolgten, aus nächster Nähe beigewohnt, und ich glaube, er ist daher im besonderen Maße berufen, uns eine ins Einzelne gehende Schilderung alles dessen zu geben, was sich damals unter der Decke ereignete.

Wir waren gestern um diese Stunde in Plötzensee, und dann waren wir in der Bendlerstraße im Hofe des früheren Wehrmachtsgebäudes. Heute gilt diese Stunde dem Auswärtigen Amt, denjenigen seiner Angehörigen, die damals ihr Leben gegeben haben, - um den Satz Dr. Gerstenmaiers zu wiederholen - um vom Auswärtigen Amt die besondere Verdammnis, die im Inland und im Ausland über dieses Amt ausgesprochen worden ist, zu Unrecht ausgesprochen worden ist, hinwegzunehmen.

Unsere tiefen Gefühle gelten in erster Linie den Angehörigen der Opfer. Sie sind dem neuen Auswärtigen Amt, in dem ja nur noch ein kleiner Prozentsatz der früheren Mitglieder ist, Vorbild. Vorbild dafür, dass über allem in der Welt steht: Recht und Gerechtigkeit, und dass ein falscher Nationalismus etwas Böses ist und dass jeder, der an irgendeiner Stelle berufen ist, für das Vaterland zu arbeiten und zu wirken, sich dabei in erster Linie leiten lassen muss von den Grundsätzen des Rechtes, der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit.

Über unser Auswärtiges Amt ist viel Falsches gesagt und Falsches geschrieben worden, und mit tiefer Genugtuung, glaube ich, können wir alle nur das hören, was heute hier ausgesprochen worden ist. Wir wollen nicht darüber heute urteilen, ob die damaligen Feindmächte falsch gehandelt haben, als sie die Hände, die sich ihnen entgegenstreckten, nicht ergriffen haben. Aber wir wollen aus dem Gedankengut derjenigen Mitglieder des Auswärtigen Amtes, die damals ihr Leben hingegeben haben, in Wahrheit für Recht und Freiheit, alle doch das eine mitnehmen, dass wir ihrem Andenken am besten huldigen, ihnen treu bleiben, wenn wir das, was sie bei ihrer Arbeit, bei ihrem Bestreben leitete, aufnehmen und fortführen, damit in Wahrheit in Zukunft Recht und Gerechtigkeit und Freiheit auch in Europa, auch in Deutschland eine dauernde Statt haben. Sie sind gestorben für das Vaterland; wir haben uns zu ihrem Andenken und zu ihren Ehren hier versammelt, und wir gedenken ihrer und neigen uns vor ihnen in tiefer Ehrfurcht.






Weitere Reden

21.07.1954
Dr. Eugen Gerstenmaier
Dr. Eugen Gerstenmaier